REM-Aufnahmen der drei Graphitarten als Substrate und als teilreagierte SiC/C-Proben. Der Kohlenstoffschaum ASC zeigt eine nahezu vollständige Durchreaktion zu Siliciumcarbid; REM, BSE, 100x, poliert. © Matworks GmbH

Der Hitze getrotzt

Steinbeis-Team ist Projektpartner bei der Entwicklung eines Syntheseverfahrens für Siliciumcarbid

Graphit ist als Konstruktionswerkstoff weit verbreitet: Seine chemische Beständigkeit, geringe Dichte und thermische Stabilität unter Sauerstoffausschluss machen ihn in vielen Bereichen einsetzbar. Unter Sauerstoffatmosphäre allerdings verbrennt Graphit bei Temperaturen ab 450°C, sofern kein Oxidationsschutz aufgebracht wird. An dieser Einschränkung setzt das Kooperationsprojekt „evo-SiC – Neue Produkte aus gasphasenreagiertem Siliciumcarbid für die Halbleiterindustrie, Bauteile für thermische und chemische Verfahrenstechnik“ im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) an: Hier hat die Matworks GmbH, ein Unternehmen im Steinbeis-Verbund, mit Industriepartnern und der Hochschule Aalen an einem neuen Syntheseverfahren für Siliciumcarbid (SiC) geforscht.

Ein eigens im Projekt entwickelter Reaktoraufbau bietet die Möglichkeit, durch die kontinuierliche Erzeugung von Siliciummonoxid (SiO) die Konzentration der Reaktivgasatmosphäre im Reaktionsraum variabel einzustellen und so die Gasphasenreaktion zu steuern. Komplexe Geometrien aus Graphit lassen sich auf diese Weise mit Siliciumcarbid verstärken, denn die Reaktion an der dem Reaktivgas ausgesetzten Oberfläche läuft in die Tiefe hinein ab. Der eigentliche Vorteil der Gasphasensynthese besteht darin, filigrane Siliciumcarbid-Strukturen bei Bedarf mit Gradienten zu erzeugen, die mit konventioneller Keramiktechnik nicht darstellbar sind.

Gegenüber konventionellen Graphit- oder SiC-Bauteilen ermöglicht die Entwicklung des Projekt-Teams damit wesentliche Kosten- und vor allem Funktionsvorteile. Alleine der Industriepartner KGT Graphit Technologie GmbH hat in seiner Produktpalette mehrere Produkte, die durch die SiC-Verstärkung wesentlich verbesserte Eigenschaften aufweisen sollten. Ein Beispiel dafür: Bei PECVD-Booten, die im PECVD-Verfahren hergestellt sind, könnte durch eine SiC-Verstärkung die Oxidationsbeständigkeit und somit die Produktlebensdauer deutlich verbessert werden.

In ihren Versuchen im Rahmen des Projekts ging das Team um die Steinbeis- Experten von einem PECVD-Boot nach dem derzeitigen Stand der Technik aus Graphit aus: Die Dicke der einzelnen Platten beträgt 2,5 mm, bei realistischen Umwandlungsgeschwindigkeiten von 80 μm/h können sie innerhalb von rund 16 Stunden vollständig in Siliciumcarbid umgewandelt werden. Da Graphit-PECVD-Boote im Einsatz durch ein Sauerstoffplasma stark verschleißen, erwartet das Projekt-Team durch eine SiC-Verstärkung eine deutliche Verschleißminderung. Die Gasphasensynthese stellt für solche filigrane Komponenten eine konkurrenzfähige Technik dar.

REM-Aufnahmen der drei Graphitarten als Substrate und als teilreagierte SiC/C-Proben. Der Kohlenstoffschaum ASC zeigt eine nahezu vollständige Durchreaktion zu Siliciumcarbid; REM, BSE, 100x, poliert. © Matworks GmbH

Die Prozessentwicklung der SiC-Gasphasensynthese hat das Team an drei verschiedenen technisch relevanten Kohlenstoffsubstraten durchgeführt: an einem isostatisch gepressten Graphit (ISO-C), einem kohlenstofffaserverstärkten Kohlenstoff (CFC) und einem amorphen Kohlenstoffschaum (ASC) mit unterschiedlichen Dichten und Porositäten. Rasterelektronenmikroskopische Analysen (REM) der drei Kohlenstoff- Substrate haben an allen drei Graphitarten eine SiC-Umwandlung deutlich erkennen lassen. An der ISO-C Probe mit geringem Porositätsanteil hat sich im Gefügeinneren eine SiC-Gradientenschicht und an der Oberfläche eine dünne dichte SiC-Schicht gebildet. Die CFC-Probe zeigt die Bildung einer dicken SiC-Schicht an der Oberfläche, die von Rissen durchdrungen ist. Im gesamten Bildausschnitt sind reagierte SiC-Bereiche zu sehen. Eine nahezu komplett in Siliciumcarbid durchreagierte Kohlenstoffstruktur zeigen die REM-Aufnahmen der ASC-Proben: Aufgrund ihrer Schaumstruktur kann das SiO-Reaktivgas leicht ins Probeninnere eindringen, weshalb in allen Bereichen ausreichend SiO-Reaktivgas zur Umwandlung der Probe in Siliciumcarbid zur Verfügung steht.

Am Beispiel der ASC-Proben konnten die Projektpartner die Machbarkeit einer vollständigen Umwandlung in Siliciumcarbid, rissfrei ohne Zerstörung der mechanischen Struktur mittels Gasphasensynthese nachweisen. Abhängig von der Porosität des Graphitsubstrates und der Prozessführung ist damit eine vollständige oder auch eine gradierte Umwandlung der Substrate möglich. Je nach Einsatzgebiet und Materialanforderung kann somit ein geeignetes Graphitsubstrat spezifiziert werden. Bei den CFC-Proben halten die Forscher infolge der aktuell unvermeidbaren Rissbildung eine Teilreaktion für aussichtsreich, um so die „zähen“ CFC-Eigenschaften mit den mechanischen Verschleißfestigkeiten von Siliciumcarbid kombinieren zu können.

Nach dem erfolgreich abgeschlossenen Projekt sind sich die Projektbeteiligten auf Forscher- wie auf Unternehmensseite einig: Die Entwicklung lieferte das Verständnis für die Mechanismen und die Reaktionskontrolle im Labormaßstab. Als Nachfolgeprojekt ist das Upscaling und die Produktentwicklung als industriefinanziertes Projekt mit schon heute vielversprechenden Fortschritten in Arbeit.

Kontakt

Dr. Alwin Nagel, Dr. Oliver Lott
Matworks GmbH (Aalen)

Torsten Kornmeyer
KGT Graphit Technologie GmbH (Windhagen)

Christoph Sinz, Jens Sandherr, Dr. Wolfgang Rimkus
Hochschule Aalen – Technik und Wirtschaft (Aalen)