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Virtuelle Produkt­entwicklung und Prozessauslegung auf einem neuen Effizienzlevel

OpenLB macht Simulationssoftware auch für KMU einsetzbar

Sie sind Simulationsingenieur? Dann erkennen Sie sich vielleicht in diesen Routinen wieder: Wochenlang an der Vernetzung einer Geometrie arbeiten, das Setup aufbauen, mit fehlerhafter Gitterkonvergenz kämpfen – und dann den ganzen Prozess von vorne starten wegen einer ungeeigneten Gitterzelle, die zu Instabilitäten oder der nächsten manuellen Iteration des Optimierungsprozesses führt. Wie oft wünscht man sich, dass dieses ganze Verfahren robuster, schneller und automatisierter wäre? Große Konzerne leisten sich einen Dienstleister, der diesen Simulationsablauf ready-to-use aufstellt. Doch was tun mittelständische Unternehmen oder Entwicklungsingenieure in großen Konzernen, wenn sie eine neue Produkt- oder Prozessidee simulativ testen wollen? Das Steinbeis-Beratungszentrum Computational Engineering (CE) hat für diese Zielgruppe OpenLB entwickelt, eine einfach und effizient anwendbare Simulationssoftware.

Zwei separate mehrphasige Simulationen in der Geometrie eines realen porösen Gesteins. In der linken Simulation verdrängt flüssiges Wasser (blau) gasförmigen Wasserstoff (weiß), während in der rechten das Wasser durch das Gas verdrängt wird. Das Gesamtsystem wird durch eine Druckdifferenz von 50 kPa über die Gebietsbreite von 1,2 mm getrieben. Die Fluideigenschaften entsprechen komprimiertem Wasserstoff (7,1 kg/m³) bzw. flüssigem Wasser (992 kg/m³).

 

 

Referenzsimulation eines turbulenten reaktiven Mikromixers. Zwei chemische Substanzen (blau bzw. gelb) treffen in einer Mischkammer aufeinander und reagieren. Das turbulente Trägerfluid wird dabei als LES modelliert, während die Edukte und Produkte als separat gekoppelte Advektions-Diffusions-Gleichungen modelliert werden.

 

OpenLB basiert auf der Lattice-Boltzmann-Methode (LBM). Fand diese früher aufgrund geringerer Rechenkapazitäten und der Andersartigkeit gegenüber etablierten Ansätzen wenig Beachtung, hat sich die Welt heute zugunsten der Methode verändert: Die nötige Rechenpower haben inzwischen sogar Jugendliche unter dem Schreibtisch, die nachts auf der Grafikkarte das neueste Computerspiel starten. Kommerzielle und auch Open-Source-LBM-Software ist inzwischen in großer Breite verfügbar und wird bereits seit über zehn Jahren vom DLR, Airbus oder Porsche für Strömungssimulationen genutzt.

So umfangreich die Auswahl an Software, so aufwendig ist häufig auch die Einarbeitung und Entwicklung eines eigenen Setups. Hier kommt OpenLB des Steinbeis-Teams in Wörth am Rhein ins Spiel: „Wir bieten mit OpenLB eine leistungsstarke Open-Source-Lösung für numerische Strömungssimulationen an und damit eine Lattice-Boltzmann-Alternative zu OpenFOAM mit zahlreichen vorgefertigten Tutorials und Beispielanwendungen“, ist Steinbeis-Unternehmer Dr. Mathias Joachim Krause überzeugt. Der entscheidende Unterschied: eine bis zu 32-fache Beschleunigung der Berechnungen auf herkömmlichen CPUs – und ein Vielfaches mehr auf GPUs. Damit werden Simulationen mit mehreren hundert Millionen Zellen sogar auf Desktop-Rechnern problemlos möglich. Und auch eine Anpassung von OpenLB an unternehmensspezifische Anforderungen ist möglich.

Die Vernetzung übernimmt OpenLB

Die Gitterpunkte werden innerhalb der vorgegebenen Geometrie vollautomatisch und in wenigen Sekunden erzeugt – manuelle Vernetzungsarbeit gehört damit der Vergangenheit an. Tutorials stehen zur Verfügung und sind mit etablierten Benchmarks untermauert: Virtuelle Windkanäle, Rührkessel, Pumpen, Reaktoren, Filter oder sogar Blutgefäße, die nur durchströmt werden oder in denen auch gemischt und separiert, reagiert oder geheizt und gekühlt wird, sind nur einige Beispiele. Viele Modelle sind zudem auch für partikuläre und Nicht-Newtonsche-Strömungen einsatzbereit vorhanden, auch in aufgelösten und nicht-aufgelösten porösen Medien. Mit der skalierbaren Software werden akkurate Large-Eddy- oder direkte numerische Simulationen mit und ohne Gitterverfeinerung für industrielle Anwendungen machbar.

Manuelle Parameterstudien? Das war einmal.

„Trial-and-Error-Verfahren und langwierige Parametereinstellungen vermeiden wir durch die integrierte Sensitivitätsanalyse und Optimierungsfunktionen“, hebt Mathias Joachim Krause hervor. Damit kann das Simulationssetup bereits während der Laufzeit automatisch auf relevante Abhängigkeiten untersucht und die passende Lösung direkt aus der Simulation heraus ermittelt werden. Das spart Zeit und Kosten: Wo früher Wochen vergingen, genügen jetzt Stunden. Das Steinbeis-Team ist stolz auf diesen Effizienzsprung – Produktentwicklung kann so auf das nächste Level gehoben werden.