Uli Regenscheit, Stuttgart

Just Test(bed) IT – Wertschöpfung erfolgreich gestalten

Rückblick auf den Steinbeis Engineering Tag 2017

Ausgerichtet vom Ferdinand-Steinbeis-Institut (FSTI) in Zusammenarbeit mit dem German Regional Team des Industrial Internet Consortiums (IIC) lud der diesjährige Steinbeis Engineering Tag zu einem Experiment ein: Das Motto „Just Test(bed) IT“ zielte darauf ab, mit den teilnehmenden Unternehmen eine pragmatische Herangehensweise an die Digitalisierung und Vernetzung (DuV) zu entwickeln und partnerschaftlich branchenübergreifende Wertschöpfungsszenarien zu gestalten.

Der Tag stellte zum einen das Konzept der Testbeds anhand praktischer Beispiele aus dem IIC vor. Zum anderen gab er den Teilnehmern die Möglichkeit, eigene Ideen und Fragestellungen im Bereich der DuV zu diskutieren und aktiv voranzutreiben. „Wir alle wissen nicht, wohin uns die Digitalisierung und Vernetzung in unserem Unternehmen führen wird, und deshalb wollen wir uns heute gemeinsam auf den Weg machen, Digitalisierung und Vernetzung proaktiv und erfolgreich umzusetzen.“ Mit diesen Worten forderte Professor Dr. Heiner Lasi (Leiter des FSTI) das Publikum zur Begrüßung dazu auf, dem Titel der Veranstaltung „Just Test(bed) IT“ nachzukommen und gemeinsam Wege zu identifizieren, mit denen die Digitalisierung umgesetzt werden kann. „Just Test(bed) IT“ stehe dabei für das Schaffen von Möglichkeiten, das Erkennen von Chancen, das Mitmachen, Teilhaben und Zusammenarbeiten über die pragmatische Umsetzung in realen Unternehmensumgebungen, auch mit dem Risiko zu scheitern, so Heiner Lasi.

Welche Möglichkeiten sich durch eine solche unternehmens- und branchenübergreifende Zusammenarbeit ergeben, erläuterten Professor Dr. Heiner Lasi, Dr. Marlene Gottwald (FSTI) und Dirk Slama (Bosch Software Innovations, Mitglied des IIC Steering Committees) in einem lebendigen Austausch. Anhand des Track & Trace Testbeds aus dem IIC erklärte Dirk Slama, welcher Nutzen in der kooperativen und interdisziplinären Zusammenarbeit im Rahmen von Testbeds auch für große Unternehmen bestehe. Selbst für ein Unternehmen wie Bosch sei es wenig zielführend, Problemlösungen im Kontext des Industrial Internet of Things (IIoT) alleine zu entwickeln und umzusetzen, so Dirk Slama. Eine interdisziplinäre, branchenübergreifende und partnerschaftliche Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen sei weitaus erfolgversprechender.

Ausgangspunkt des Track & Trace und weiterer Testbeds ist eine generalisierbare Fragestellung, deren Lösung mittels Internettechnologie möglich ist und durch die zusätzliche Wertschöpfung generiert werden kann. Im Mittelpunkt der Initiierung von Testbeds stehen somit – im Fachjargon des IIC ausgedrückt – sogenannte „Hotspots“. Das IIoT ist dabei ein wichtiger Befähiger für branchenübergreifende Interoperabilität, Interkonnektivität und Vertrauenswürdigkeit. Im Rahmen von Testbeds schließen sich dann Unternehmen zusammen, die gemeinsam nutzenstiftende Lösungsszenarien für diese interdisziplinären Fragestellungen entwickeln wollen. Da hier teilweise auch konkurrierende Unternehmen aufeinandertreffen, hat das FSTI die Schaffung eines Vertrauensraums als ein wichtiges Erfolgskriterium von Testbeds identifiziert. Ziel ist es, die gesammelten Erfahrungen in internetbasierten und wertschöpfungsorientierten Ökosystemen zu kommerzialisieren.

Das Vorgehen der Testbeds wurde anhand von drei ausgewählten IIC Testbeds erläutert und diskutiert. Benjamin Mang (TE Connectivity Ltd.) betonte dabei, dass es gerade im Bereich des IIoT besonders wichtig sei mit anderen zusammenzuarbeiten. Bei der Umsetzung des Testbeds Smart Manufacturing Connectivity for Brown-Field Sensors war nämlich nicht nur Konnektivität gefragt, es ging auch um Maschinen, Sensoren, Software, eine Cloud und die entsprechende Kommunikation. Dies war damit nur in einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mehrerer Unternehmen möglich. Anhand der Darstellung des IIC Testbeds Smart Factory Web durch Dr. Kym Watson (Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung) wurde ein zusätzlicher Nutzen der Testbeds verdeutlicht: die (internationale) Sichtbarkeit. Alle im IIC bestehenden Testbeds werden bei vierteljährlichen Treffen des Konsortiums vor breitem Publikum vorgestellt und diskutiert, wodurch sich viele wertvolle Kontakte mit weiteren Firmen ergeben, so Watson. Reiner Duwe (Real-Time Innovations, Inc.) betonte bei seiner Vorstellung des IIC Testbeds Communication & Control for Microgrid Applications, dass die in bestehenden Testbeds gesammelten Erfahrungen dazu dienen können, Best Practices abzuleiten und weiteren Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Zudem ermöglicht die pragmatische Herangehensweise der Testbeds eine schnelle Umsetzung der entwickelten Lösungen.

„Was die vorgestellten Beispiele miteinander verbindet, ist nicht notwendigerweise die Technologie, sondern die Tatsache, dass durch eine interdisziplinäre und branchenübergreifende Zusammenarbeit neue Wertschöpfungsszenarien entstehen“, fasste Heiner Lasi zusammen. Vor diesem Hintergrund ist die Vorgehensweise der Testbeds nicht nur für große Unternehmen von besonderer Bedeutung. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben durch eine aktive Beteiligung an Testbeds die Möglichkeit, ihre spezialisierten Fähigkeiten mehrwertschaffend einzubringen und damit Teil von wertschöpfungsorientierten Ökosystemen zu werden. Um die Einstiegshürden und potenzielle Sprachbarrieren zu senken, hat das Ferdinand-Steinbeis-Institut in Zusammenarbeit mit dem IIC German Regional Team speziell für kleine und mittlere Unternehmen das Konzept der Micro Testbeds entwickelt.

Im zweiten Teil der Veranstaltung hatten die rund 160 Teilnehmer der Veranstaltung die Möglichkeit, eigene Testbed-Ideen vorzustellen, um neue Partnerschaften zu initiieren. Dafür wurden im Vorfeld in Zusammenarbeit mit Unternehmen Hotspots mit einer hohen Relevanz für den Mittelstand identifiziert. Im Rahmen des Testbed-Bondings wurden die erkannten Hotspots angeregt diskutiert und konkretisiert. Dabei entstanden vielversprechende interdisziplinäre und branchenübergreifende Ansätze für das Aufsetzen weiterer Testbeds. Diese werden nun vom FSTI aufbereitet und in konkrete Micro Testbeds überführt.

Kontakt

Die Mitschnitte der von den Referenten freigegebenen Vortrage finden Sie online in der Steinbeis-Mediathek auf www.steinbeis.de/mediathek

Dr. Marlene Gottwald, Patrick Weber
Ferdinand-Steinbeis-Institut (Stuttgart)