Organisations- und Führungskultur als Schlüssel zur erfolgreichen Personalentwicklung
Führungskräfteentwicklung und die damit verbundene (Weiter)Entwicklung der Führungskultur spielen in Organisationen, die sich im Wandel befinden, eine entscheidende Rolle. Sie sind einerseits Bestandteil der Personalentwicklung, prägen aber zugleich im Rahmen der Führungs- und Organisationskultur den übergeordneten Kontext der gesamten Organisationsentwicklung. Doch was genau macht Führungskräfteentwicklung so wirkungsvoll und wie gelingt ihre strategische Einbettung in verschiedene Organisationsformen? Professor Dr. Thomas Breyer-Mayländer, Unternehmer am Steinbeis-Beratungszentrum Leadership in Science and Education, zeigt erfolgreiche Ansätze auf.

Drei Ebenen von Führungshandeln als Aufgabe der Personalentwicklung (eigene Darstellung)
Personalentwicklung ist für grundlegende Veränderungsprozesse ein entscheidender Erfolgsfaktor. So kann ein breit angelegtes Workforce Development zur Förderung von Strukturen und Regionen beitragen (Breyer-Mayländer 2024). Diese Entwicklung stärkt nicht nur die berufliche Handlungskompetenz der im System tätigen Menschen, sondern fördert auch lokal oder regional eine Entwicklung der Kompetenzen und Qualifikationen. Setzt man die Kernaufgabe der Personalentwicklung in Verbindung zu den Erfolgsfaktoren von Organisationen allgemein – und Unternehmen im Besonderen – zeigt sich: In Veränderungs- und Entwicklungsphasen nimmt die Führungskräfteentwicklung eine Schlüsselrolle ein.
Führungsentwicklung als Schlüsselfunktion im Wandel
Woran lässt sich dieser Befund festmachen? Viele Elemente der evolutionären Organisationsentwicklung – häufig stark Bottom-up-geprägt – hängen entscheidend davon ab, ob Führungskräfte in der Lage sind, Teams zu aktivieren und deren intrinsische Motivation in den Dienst der Veränderung zu stellen. Dies ist eine klassische Führungsaufgabe. Noch deutlicher erkennt man den Führungsanteil, wenn man sich mit dem Top-down-geprägten Anteil des Change-Managements befasst.
Versteht man unter Personalentwicklung „sämtliche Maßnahmen zur systematischen Förderung der beruflichen Handlungskompetenz von Menschen, die in einer und für eine Organisation tätig sind“ (Solga et al. 2011, S. 19), stellt die Steigerung der Handlungskompetenz von Führungskräften eine Schlüsselfunktion im gesamten Entwicklungsprozess dar.
„Im Rahmen der strategischen Personalentwicklung muss die Führungskräfteentwicklung so eingebunden sein, dass Übergänge in der Führung vorbereitet und damit beispielsweise Nachfolgeprozesse gesteuert werden können“, erklärt Beate Ritter, die das Steinbeis-Beratungszentrum Leadership in Science and Education mitverantwortet. Bei Change- und Organisationsentwicklungsprozessen geht es darum, die erreichten Veränderungen abzusichern und sie in die Organisationskultur zu überführen, in der sie dann nach der Systematik von Edgar Schein (2017) ein Teil der Ebene der Artefakte darstellen und mit den tieferliegenden Ebenen der Werte und den zugrundeliegenden Annahmen in Einklang gebracht werden müssen.
Führung in komplexen Systemen denken
Die Wechselwirkung und Wechselbeziehung zwischen situativer (beispielsweise in den etablierten Organisationsstrukturen und Prozessen) und der inneren Ausgangslage der Beteiligten (beispielsweise der Führungskräfte) führt im Regelfall zu Problemstellungen, deren Schwerpunkt im strukturell-systemischen Bereich der Organisation, im zwischenmenschlichen Bereich zwischen Führungskraft und weiteren Mitarbeitenden oder intrapersonal im System der Kunden liegt. Alle diese drei Systembereiche sind – sofern Führungskräfte involviert sind – auch Führungsthemen.
Auf der systemisch-strukturellen Ebene werden Fragen der Organisationsentwicklung und des Change-Managements mit Teilaufgaben der Personalentwicklung verbunden. Auf der inner- und zwischenmenschlichen Ebene werden die Fragestellungen direkt mit der Personalentwicklung verknüpft. Alle drei sind damit Teil von systematischen Führungskräfteentwicklungsprogrammen, mit denen etablierte und designierte Führungskräfte gleichermaßen in ihrer Führungsrolle gestärkt und im Rahmen systemischen und prozessorientierten Arbeitens in eigenverantwortlichem und selbstreflektiertem Vorgehen befähigt und bestärkt werden.
„Der Personalentwicklung kommt dabei eine übergeordnete Rolle zu: Sie liefert den konzeptionellen Rahmen, in den Führungskräfteentwicklung eingebettet wird. Diese bildet wiederum die Grundlage der Führungskulturentwicklung, in die wiederum Leitbilder, Leitlinien bis hin zu Vision und Mission integriert werden können“, so Beate Ritter. Übergeordnet ist hier der Begriff der Entwicklung der Unternehmens- oder Organisationskultur. Für diesen Ansatz braucht es eine Rückendeckung für Veränderungs- und Entwicklungsprozesse, die weit über den Ansatz der Personalentwicklung hinausgehen.
Führungskultur ist Chefsache – in Wirtschaft, Bildung und Ehrenamt
Unabhängig vom Wirkungsfeld einer Organisation gilt: Fragen der Führungs- und Organisationskultur sind Chefsache. Der Mittelstand hat hier mitunter einen Vorteil, da die Führung oftmals weniger stark gremienbezogen funktioniert und Führungspersonen und -persönlichkeiten über längere Zeit die Kultur prägen können.
In anderen Organisationskontexten braucht es dafür andere Lösungen. In Schulen sind diese Fragen auf der Ebene der Schulleitung, aber stets im engen Dialog mit den wesentlichen Stakeholdern (beispielsweise den Gremien wie der Schulkonferenz) angesiedelt. Dennoch ist hier der Platz der Personalentwicklung eng in die wesentlichen Säulen der Schulentwicklung (Organisations-, Unterrichtsentwicklung) eingebunden (Breyer-Mayländer & Ritter 2023; Breyer-Mayländer & Ritter 2024). In Organisationen wie der Kirche mit haupt- und ehrenamtlichen Strukturen gilt es, beide Ebenen mitzudenken: Personalentwicklung muss so gestaltet sein, dass auch im Ehrenamt Führungskräfteentwicklung stattfinden kann – um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden (Breyer-Mayländer et al. 2024).
Die Personalentwicklung ist vor allem gefordert eine passende Unterstützung anzubieten, wenn es darum geht, Menschen auf ihrem Weg durch die Hierarchien zu begleiten. Der Übergang von Fach- zu Führungsverantwortung bringt zwangsläufig mit sich, dass weniger Zeit für operative Aufgaben bleibt – ein Spannungsfeld, das häufig unterschätzt wird. Da Fachaufgaben in der Regel dringlicher erscheinen (das Nichtausführen dieser Aufgaben führt zu sofort sicht- und wirksamen Problemen) und sich fehlende Zeit und Energie für Führungsaufgaben meist eher später bemerkbar machen, kommen im Zweifel, wenn die Zeit knapp wird, die Führungsaufgaben zu kurz. Dies führt zu nachhaltigen Führungsproblemen in Organisationen.
Personalentwicklung mit Fokus Führung
Führungskräfteentwicklung ist ein zentraler Erfolgsfaktor nachhaltiger Personalentwicklung, die wiederum für die Entwicklung der Führungskräfte als auch der Führungs- und Organisationskultur den Rahmen bildet. Die gezielte Förderung und Entwicklung von Führungskompetenzen, die Berücksichtigung systemisch-struktureller, inter- und intrapersonaler Konfliktfelder und vor allem die Begleitung beim individuellen Schaffen der Balance zwischen Fach- und Führungsverantwortung tragen erheblich zur Weiterentwicklung der Führungs- und Organisationskultur bei, die vor allem für Organisationen in Veränderungssituationen von entscheidender Bedeutung ist.