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Alles aus einem Guss

Im Gespräch mit Professor Dr.-Ing. Lothar Kallien, Steinbeis-Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Gießerei Technologie Aalen – GTA

Mit den Innovationen im Bereich des Druckgießens kennt sich Professor Dr.-Ing. Lothar Kallien aus: Als Professor an der Hochschule Aalen und Steinbeis-Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Gießerei Technologie Aalen – GTA zeigt er, wie Kooperationen zwischen Wissenschaft und Industrie erfolgreich gestaltet werden können. Im Gespräch mit der TRANSFER teilt er seine Einsichten darüber, welche Themen die Druckgussbranche derzeit bewegen und welche Entwicklungen die Zukunft der Branche bestimmen werden.

Herr Professor Kallien, seit mehr als 20 Jahren beschäftigen Sie sich mit der Gießereitechnologie, welche Entwicklungen haben die Branche in dieser Zeit am stärksten geprägt?

Meiner Meinung nach haben zwei Entwicklungen die Branche maßgeblich geprägt und tun es immer noch: Zum einen wird der Druckguss stark von Entwicklungen in der Automobilindustrie beeinflusst, da etwa 75 Prozent aller Druckgussteile für diese Branche hergestellt werden. Dies führt zu einer starken Abhängigkeit, da für den Druckguss teure Maschinen und Werkzeuge benötigt werden, deren Rentabilität erst bei hohen Stückzahlen erreicht wird.

Zum anderen sind die meisten Anbieter im Druckguss Mittelständler, die oft nicht über die Ressourcen für umfangreiche Entwicklungen verfügen und oft mit dem Tagesgeschäft ausgelastet sind. Hinzu kommen hohe Energiekosten, da das Aufschmelzen von Aluminium sehr energieintensiv ist. Dies führt dazu, dass deutsche Druckgussunternehmen im europäischen Wettbewerb nicht gut positioniert sind.

Dazu kommt: Waren wir früher führend in technologischen Entwicklungen, doch jetzt setzt China zum Überholen an.

Mit welchen Fragestellungen wenden sich aktuell Ihre Kunden an Ihr Steinbeis-Unternehmen?

Unsere Kunden sind hauptsächlich Nutzer von Druckgussteilen, unter anderem namhafte Unternehmen aus der Automobil- und Klebstoffindustrie. Sie kommen zu uns, wenn es um Themen wie Werkstoffprüfungen, Legierungsentwicklungen für Klebetechniken oder neue Schweißtechniken geht. Auch die Prozessanalyse wird stark nachgefragt. Hier geht es unter anderem um Produktionsfehler und deren Ursachenforschung.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Herstellung von Prüfgeometrien für das Werkzeugdesign, typischerweise für Kleinserien mit Stückzahlen von 500 bis 1.000 Teilen. Darüber hinaus führen wir beispielsweise Versuche und Messungen zur Wirksamkeit von Trennmitteln durch.

Ergänzend ist an dieser Stelle anzumerken, dass wir zu den wenigen gehören, die Magnesium gießen können, was aufgrund der Entzündungsgefahr im flüssigen Zustand sehr herausfordernd ist. Dennoch ist Magnesium aufgrund seiner geringen Dichte ein attraktiver Werkstoff.

Zu Ihren Schwerpunkten gehört unter anderem Optimierung von Gussteilen und gießtechnischen Prozessen, wo sehen Sie die größten Herausforderungen dabei?

Eine aus meiner Sicht große Herausforderung besteht darin, ausreichende Fördermittel für Optimierungsprojekte zu erhalten, da diese oft knapp bemessen sind. Dies betrifft insbesondere den Gussbereich, der mit anderen Branchen um begrenzte Ressourcen konkurriert. Daher führen wir viele praxisorientierte Projekte mit der Industrie durch, wie beispielsweise die Untersuchung der Beschichtbarkeit beim Zinkdruckguss oder die Entwicklung von Vacural-Verfahren für Magnesium in Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Bosch, der DLR und Stihl.

Welche Trends werden Ihrer Meinung nach die Zukunft der Branche am stärksten prägen? Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?

Wir führen bereits Projekte im Bereich künstliche Intelligenz durch, obwohl dies nicht unbedingt zu meinen Kernkompetenzen gehört. Dabei arbeiten wir mit Experten zusammen, um vor allem die Qualitätssicherung und -kontrolle zu verbessern. In der Druckgussproduktion müssen Teile oft in Sekundenschnelle geprüft werden, dabei können KI-Anwendungen unterstützen. Jedoch ist vorher ein Lernprozess erforderlich, damit die Qualität richtig bewertet werden kann.

Was die Trends angeht, so glaube ich, dass das Mega-Casting- oder Giga-Casting-Verfahren von großem Interesse sein werden. In diesem Verfahren werden überdimensionierte Metallteile speziell für den Karosseriebau hergestellt. Das reduziert Gewicht, spart Zeit und Kosten, erfordert jedoch enorme Anfangsinvestitionen in große Druckgießmaschinen. Nationale wie internationale Unternehmen befassen sich damit, darunter sind auch Unternehmen aus China. Es bleibt abzuwarten, wer sich in diesem Bereich durchsetzen wird.