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„Kein Grund, die konventionellen Druckverfahren gering zu schätzen!“

Im Gespräch mit Professor Dr. Martin Dreher, Geschäftsführer der DFTA Technologie­zentrum Flexodruck Stuttgart GmbH & Co. KG und Professor an der Hochschule der Medien Stuttgart

Verpackungen sind auch in Zeiten des bewussteren Umgangs mit Ressourcen nicht aus dem Alltag wegzudenken: Mal aus Papier, mal aus Kunststoff, fast immer bedruckt mit jeder Menge an Produktinformationen. Dafür sorgt in den meisten Fällen das Flexodruck-Verfahren. Die TRANSFER hat den Experten für Druckverfahren und Steinbeis-Unternehmer Professor Dr. Martin Dreher getroffen und mit ihm über den Flexodruck sowie die Zukunftsperspektiven und -sorgen der Branche gesprochen.

Herr Professor Dreher, Sie beschäftigen sich intensiv mit dem Flexodruckverfahren, was ist das Besondere dabei?

Die meisten der heute angebotenen Waren sind verpackt und fast jede Verpackung ist mehr oder weniger stark durch Drucktechnik dekoriert. Der Flexodruck ist das weltweit dominierende Druckverfahren dafür. Ganz grob lässt er sich mit der Anwendung eines konventionellen Stempels vergleichen, ist allerdings technisch natürlich bedeutend weiterentwickelt. Seine ganz große Stärke ist die Anwendung auf verschiedensten Materialien: Egal, ob für die Verpackung Papier oder Karton verwendet wird, Kunststofffolie oder Metall, nahezu jedes Material lässt sich mit dem Flexodruck bedrucken. Das ist nicht nur dann wertvoll, wenn wir neue Verpackungen möglichst ohne Einschränkungen konzipieren möchten, sondern auch äußerst hilfreich, wenn existierende Verpackungen mit alternativen Materialien ausgestattet werden sollen, um beispielsweise Kunststoffe zu ersetzen.

Welche Vorteile bringt diese Drucktechnologie für Unternehmen, vor allem für KMU?

Der erste, nicht unbedeutende Vorteil besteht darin, dass die Anschaffung der Flexodruckmaschinen erschwinglich ist. Besonders effizient ist das Flexodruckverfahren bei Druckauflagen ab 3.000 Stück. Des Weiteren ist der gesamte Druck aufgrund des geringen Farbauftrages einer meist wasserbasierten Druckfarbe umweltfreundlich und bei Bedarf lebensmittelecht.

Dazu kommt, dass wie bereits erwähnt überaus viele Materialien damit bedruckbar sind. Damit können Verpackungen kompromisslos auf verschiedenste Ziele hin optimiert werden. Besonders zeitgemäß sind hier natürlich die Kriterien Ökologie und Wirtschaftlichkeit.

Zudem bietet der Flexodruck gleichbleibende Qualität bei hoher Produktionsgeschwindigkeit und die Druckform kann lange Zeit weiterverwendet werden: Nachdruck mit gleichbleibend hoher Qualität ist dauerhaft möglich.

Die Anforderungen an eine Verpackung sind vielfältig: Sie soll das Produkt schützen, benutzer- und umweltfreundlich sein, aber auch Werbung für das Produkt und seinen Hersteller machen. Wie kann der Verpackungsdruck helfen, diesen Anforderungen gerecht zu werden?

Die von Ihnen genannten Anforderungen werden bereits im Verpackungsdesign angelegt. Den Begriff „Design“ muss man hier allerdings so weitläufig verstehen, wie er in der englischen Sprache gebraucht wird, somit beinhaltet er auch die Gestaltung von der Funktion einer Verpackung. Der Verpackungsdruck muss daher diesem ganzheitlichen Verständnis des Begriffs „Design“ gerecht werden. Er tut dies durch eine entsprechend klare Symbolsprache der drucktechnischen Dekoration. Hinzu kommen kreative und ansprechende Grafiken, die den Käufer am Point of Sale begeistern und im besten Fall abholen sollen.

Dafür ist es nötig, dass der Verpackungsdruck in der Lage ist, nicht nur das entsprechende Verpackungsmaterial zu verarbeiten, sondern die Beschichtung auch sehr hochwertig und bei Bedarf realistisch aussehen zu lassen. Eine weitere Besonderheit des Verpackungsdrucks ist die Veredelung: Das kann beispielsweise eine goldene Schrift auf der Verpackung sein. Aber auch glänzende oder matte Stellen, die das Auge auf besonders relevante Flächen hinlenken sollen. Sie sehen, den Möglichkeiten sind hier so gut wie keine Grenzen gesetzt.

Hinzu kommen die hohen Ansprüche der Marketingabteilung eines jeden Produktherstellers: Neben der Informationspflicht möchten wir zahlreiche Veredlungsmöglichkeiten nutzen, um besondere Aufmerksamkeit beim Kunden zu erzielen. Dabei behalten wir die Megatrends Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit immer im Blick.

Welche Themen treiben aktuell KMU im Bereich der Verpackung um? Wie können Sie am DFTA Technologiezentrum die Unternehmen dabei unterstützen?

Brennende Themen der KMU des Verpackungsdrucks sind die bekannten Themen der Zeit: Fachkräftemangel, Verknappung der Rohstoffe, Preiserhöhungen. Aber auch das Image der Verpackung leidet unter ihrem Ruf und das, so glaube ich, fördert den Fachkräftemangel in unserer Branche zusätzlich.

Wir vom DFTA Technologiezentrum können hierbei an drei wichtigen Stellen unterstützen: Erstens können wir aufklären und informieren – und wir tun dies in Zusammenarbeit mit dem Studiengang Verpackungstechnik der Hochschule der Medien Stuttgart sehr leidenschaftlich.

Zweitens schulen wir mit den Intensivkursen an unserer Flexodruck-Akademie in Stuttgart gezielt angelerntes und umgeschultes Personal der angesprochenen kleinen und mittelständischen Unternehmen. Das hat sich langjährig als ein sehr erfolgreiches Modell zum beiderseitigen Nutzen erwiesen!

Und drittens: Wir stellen unseren Mitgliedern und allen Firmen, die sich eine Testumgebung im Bereich des Flexodrucks nicht selbst leisten können, moderne Technik zur Verfügung: Unsere marktübliche Druckmaschine wird dazu zeitweise an die entsprechenden Unternehmen vermietet, die damit ihre kontrollierten Versuche zur Weiterentwicklung ihrer Materialien oder Komponenten des Flexodrucks durchführen. Auch das läuft nun schon seit mehr als 25 Jahren sehr erfolgreich!

Mit Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft im Jahr 2018 wurde die Partnerschaft zwischen dem DFTA Flexodruck Fachverband e. V., der Hochschule der Medien sowie dem Steinbeis-Verbund auf ein neues Level gehoben und die Basis einer profitablen sowie zukunftssichernden Kooperation geschaffen. Unternehmerischer Transfer, Zugang zur Industrie sowie Bildung und Bindung von akademischem Nachwuchs sind nur einige der Synergieeffekte, die durch die gemeinsame KG zustande kamen und heute nach wie vor für alle Beteiligten von Vorteil sind.

Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft des Verpackungsdrucks aus: Wird der Digitaldruck konventionelle Druckverfahren ersetzen?

Seit ziemlich genau 30 Jahren heißt es nun, der konventionelle Druck wäre praktisch tot und man müsse nur noch ein bisschen warten, bis der Digitaldruck alles übernommen hat. Passiert ist das bislang noch nicht!

Mit dem DFTA Technologiezentrum haben wir uns vordergründig natürlich dem Flexodruck verschrieben, also einem konventionellen Druckverfahren. Viele Mitglieder des DFTA-Fachverbands, dem Träger des Technologiezentrums, sind KMU. Sie alle mussten und müssen sich zwangsläufig mit der potenziellen Migration zum Digitaldruck befassen. Aus diesem Grund haben wir eine wichtige Entscheidung getroffen: In Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig startete am 1. Oktober 2015 der Aufbau eines eigenen Kompetenzzen­trums für den digitalen Verpackungsdruck – das Competence Center Digitaldruck (CCD). Insofern kann ich vermutlich mit Recht davon sprechen, auch den Digitaldruck gut überblicken zu können.

Möglicherweise wird der Digitaldruck die konventionellen Druckverfahren irgendwann einmal ersetzen, aber bis dahin vergehen mindestens noch einmal 20 Jahre, in denen die traditionellen Verfahren des Verpackungsdrucks teilweise sogar noch sehr gute Zukunftsaussichten genießen werden.

Letzteres trifft vor allem für den Offsetdruck und den Flexodruck zu, die ihre Materialien und Prozesse für eine Gegenüberstellung mit dem Digitaldruck weitgehend fit gemacht haben und noch weiteres Potenzial besitzen.

Ich möchte aber auch vor einer Glorifizierung des Digitaldrucks insofern warnen, als es sich inzwischen für dieses Verfahren als vergleichsweise schwierig erwiesen hat, all die vielen Anforderungen an den Prozess und die aufgedruckte Druckfarbe zu erfüllen, die nun einmal bei Verpackungen relevant sind. Hier bestehen noch mehr konkurrierende Ziele als beim „normalen Drucken“ ohnehin schon und selbst dort hat der Digitaldruck noch lange keine vorherrschende Stellung erreicht. Daher noch einmal: Möglicherweise wird es zu so einer Substitution einmal kommen, aber davon sind wir meiner Meinung nach noch Jahrzehnte entfernt. Kein Grund also, die konventionellen Druckverfahren gering zu schätzen!