Eine Kaderschmiede in der Technikerausbildung

30 Jahre Fachschule für Technik in Sachsen

Techniker, die sich in Sachsen in der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik weiterbilden wollten, mussten bisher nicht lange suchen: Seit 1993 bot die Fachschule für Technik der Steinbeis-Stiftung im sächsischen Glauchau Voll- und Teilzeitweiterbildungen an, die zum staatlich geprüften Techniker führten. Nach drei erfolgreichen Jahrzehnten der Ausbildung und rund 700 Absolventen haben im vergangenen Jahr die letzten Absolventen ihre Abschlusszeugnisse zum staatlich geprüften Techniker erhalten. Die TRANSFER hat gemeinsam mit Schulleiterin Ingrid Reinhold zurückgeblickt.

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Frau Reinhold, 30 Jahre liegt die Gründung der Fachschule für Technik zurück. Wie war das damals, kurz nach der Wende?

Ich weiß es noch ganz genau: Am 13. Juli 1993 stand ich im sächsischen Kultusministerium, um die staatliche Genehmigung für die private Fachschule für Technik der Steinbeis-Stiftung abzuholen. Da in der Wendezeit sowohl in der Wirtschaft als auch in der Bildung alles Neuland war, hakte ich im Ministerium nach, nach welchen Kriterien die Zulassung für die geplante Technikerausbildung in der Heizungstechnik erfolgen soll. Die knappe wie deutliche Antwort: „Sie sind jetzt Schulleiterin, Sie machen das schon, Frau Reinhold.“

Also machte ich. Ich gewann 25 Teilnehmer für meine erste Seminargruppe, die noch in Baracken der ehemaligen Ingenieurschule ausgebildet wurden. Diese Teilnehmer mussten noch eine Schulfremdenprüfung in allen Unterrichtsfächern über sich ergehen lassen. Dass fast alle Teilnehmer der Gruppe zu den Prüfungen zugelassen wurden, war ein Kraftakt, den ich nur über den Petitionsausschuss des Landtags stemmen konnte: Wie sich schnell zeigte, waren die Zulassungsvoraussetzungen doch nicht nur vom Schulleiter abhängig, natürlich gab es einzuhaltende gesetzliche Vorgaben. Aber in der damaligen Wendezeit konnte doch so einiges bewegt werden und auf unsere Initiative hin wurde die Liste der Zugangsberufe zur Fachschule überarbeitet.

Die Schule hat sich schnell weiterentwickelt, was waren die Meilensteine in den Anfangsjahren?

Zusätzlich zur Vollzeitausbildung haben wir schnell eine Teilzeitausbildung angeboten. Die Fachschule erhielt außerdem den Status einer staatlich anerkannten Ersatzschule und war damit prüfungsberechtigt. Das Ausbildungsprofil wurde um die neuen Fachrichtungen „Sanitärtechnik“ und „Kältetechnik“ erweitert und der Zuspruch stieg stetig. Bald reichten die vorhandenen Räumlichkeiten nicht mehr aus und wir zogen innerhalb von Glauchau in die Nähe der Berufsakademie. Das war ein wichtiger Schritt, da wir die Labore der Berufsakademie nutzen konnten und Lehrkräfte der Berufsakademie als Honorarkräfte in der Technikerausbildung tätig waren. Die Berufsakademie profitierte auf der anderen Seite von den durch die Fachschule organisierten und durchgeführten Vorbereitungskursen auf ein Studium.

Seit 1997 kooperierten wir auch mit dem Institut für Lernsysteme in Hamburg – ILS. Die Fachschule für Technik führte im Rahmen des Fernstudiums „Staatlich geprüfter Techniker“ des ILS die Präsenzkurse in Glauchau durch und nahm die Schulfremdenprüfungen der Teilnehmer ab.

Neben der Zusammenarbeit mit der Berufsakademie war Ihnen auch immer die Kooperation und der Austausch mit Unternehmen und Praxis wichtig, wie haben Sie das umgesetzt?

Zur schulischen Technikerausbildung gehörten in den ganzen Jahren auch immer mehrtägige Exkursionen zu namhaften Herstellern der SHK-Branche wie Viega, Geberit, Helios, Maico, Vaillant, Bitzer oder Buderus. Nicht zuletzt der Bezug zur Praxis machte unsere Absolventen in den Branchen Heizung, Sanitär und Kälte in der Wirtschaft sehr begehrt.

Dass unsere Schüler auch das theoretische Know-how beherrschten, zeigten sie unter anderem beim in Sachsen seit 2009 vergebenen Technikerpreis für die beste Facharbeit: Dreimal standen unsere Schüler über die Jahre auf der Siegerliste.

Jahrzehntelang entwickelte sich die Ausbildung erfolgreich weiter, vor fünf Jahren brach dann aber die Nachfrage nach der Vollzeitausbildung ein. Was waren aus Ihrer Sicht die Gründe?

Die Teilnehmerzahlen der Technikerausbildung schwankten immer stark. Jahre, in denen die Wirtschaft schwächelte, führten zu großen Seminargruppen mit bis zu 27 Teilnehmern. Dem gegenüber standen Gruppen mit nur zehn Teilnehmern in Jahren, in denen die Wirtschaft boomte.

Vor fünf Jahren brach dann die Teilnehmerzahl in der Vollzeitausbildung so weit ein, dass keine Gruppe mehr gebildet werden konnte. Ich sehe dafür vor allem drei Gründe: Zum einen ging es den Unternehmen der Branche sehr gut, alle hatten zu viel Arbeit. In der Folge mussten sich Facharbeiter nicht qualifizieren, um sich ihre Jobs zu sichern. Zweitens gab es vor allem im Handwerk schon damals zu wenig junge Menschen, die einen Handwerksberuf erlernen wollten. Und drittens haben sich Fachhochschulen und Berufsakademien geöffnet und nehmen inzwischen auch Studienbewerber ohne Abitur an – wenn man die Wahl zwischen einem Abschluss an einer Fachhochschule oder nur einer Fachschule hat, wählt man oft den höheren Abschluss. Obwohl beide Abschlüsse – der Bachelor und der staatlich geprüfte Techniker – inzwischen auf der Stufe 6 des deutschen und europäischen Qualifikationsrahmens eingestuft sind, sind sie doch nicht gleichwertig. Außerdem wird der Bachelor oft besser vergütet und bietet andere Aufstiegsmöglichkeiten.

Das alles trug dazu bei, dass die Technikerausbildung an Zulauf verlor. 2018 startete die letzte Teilzeitgruppe mit immerhin 19 Teilnehmern, die im Jahr 2022 ihre Abschlüsse erhielten.

Sie haben in den letzten 30 Jahren rund 700 staatlich geprüfte Techniker in der Kälte-Klima-Systemtechnik und der Sanitär-, Heizungs- und Kältetechnik ausgebildet. Wie schauen Sie auf die Zukunft der Fachkräfteausbildung?

Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, ob andere Ausbildungen die Lücken füllen können. Die Branchen unserer bisherigen Ausbildung kämpfen mit einem enormen Fachkräftemangel. Es ist uns nicht gelungen, die Ausbildungsrichtungen an eine andere Fachschule in Sachsen zu übergeben, sodass es diese Fachrichtungen an keiner Fachschule bei uns im Bundesland mehr gibt. Damit haben Menschen, die sich innerhalb Sachsens in diesen Berufen weiterqualifizieren wollen, nur die Möglichkeit eine Meisterausbildung oder ein Hochschulstudium zu absolvieren.

Neben diesen kritischen Blicken in die Zukunft möchte ich mich aber bei der Steinbeis-Stiftung herzlich für die jahrzehntelange Zusammenarbeit und die Entwicklungsmöglichkeiten im Steinbeis-Verbund bedanken. Auch wenn Stuttgart rund 450 km von Glauchau entfernt liegt, war der Austausch immer unproblematisch. Ich konnte als Schulleiterin immer schnell und unbürokratisch meine Arbeiten erledigen und wurde in allen Belangen bestens unterstützt! Dafür vielen Dank!

Sie geben Ihr Know-how zukünftig noch im Steinbeis-Transfer-Institut Energetische Gebäudesysteme an der Steinbeis+Akademie weiter. Welche Themen sind Ihnen hier besonders wichtig?

Das Steinbeis-Transfer-Institut wurde 2018 gegründet, um in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Studienakademie Vorbereitungslehrgänge für deren Bewerber anzubieten. Interessenten ohne Abitur werden in einem 14-tägigen Crashkurs auf diese Zugangsprüfung vorbereitet. Daneben bieten wir Kurse an für Abiturienten, die beispielsweise aus anderen Bundesländern oder von verschiedenen Schultypen kommen, oder auch für Bewerber, deren Abitur schon länger zurückliegt. Schwerpunkt dieser Kurse sind die technischen Grundlagen mit Schwerpunkt Mathematik. Denn sehr viele Studienabbrüche werden durch fehlende Kenntnisse und mangelnde Anwendungsbereitschaft in Mathematik verursacht. Studienbewerber, die einen entsprechenden Vorbereitungslehrgang absolviert haben, verbessern ihre Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss des Studiums erheblich.

Neben diesen Vorbereitungskursen bieten wir aber auch Zertifikatskurse im Bereich erneuerbare Energien, alternative Energiesysteme und angewandte Energietechniken an. Die Kurse zur Schwimmbadtechnik fanden bereits großen Zuspruch. Zukünftig werden sie sicher wieder eine größere Rolle spielen, weil aktuell Gesetzesänderungen in Aussicht stehen.

Kontakt

Ingrid Reinhold (Interviewpartnerin)
Steinbeis-Unternehmerin
Steinbeis-Transfer-Institut Energetische Gebäudesysteme (Glauchau)

223074-66