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Maßgeschneiderter Kompetenzerwerb für die Fabrik der Zukunft

Im Gespräch mit Sabine Hafner-Zimmermann, Senior Project Managerin des Steinbeis Europa Zentrums und Partnerin im EU-Projekt FIT4FoF

FIT4FoF – das steht für „Fit for the Factory of the Future“. In dem EU-Projekt, das nach dreijähriger Laufzeit im Dezember 2021 abgeschlossen wurde, wurden Ansätze entwickelt und getestet, um Arbeitskräfte fit für die Fabrik der Zukunft zu machen. Das Steinbeis Europa Zentrum war an FIT4FoF beteiligt, die TRANSFER hat mit der Projektpartnerin Sabine Hafner-Zimmermann über das Projekt und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zu zukünftigen Qualifizierungsbedarfen und Weiterbildungsmaßnahmen gesprochen.

Frau Hafner-Zimmermann, was machte FIT4FoF so interessant für das Steinbeis Europa Zentrum?

Unsere Motivation an dem Projekt teilzunehmen war sehr groß, da zum Zeitpunkt der Antragstellung zukünftige Qualifizierungsbedarfe im produzierenden Gewerbe noch nicht ausreichend behandelt wurden. Als Partner in diesem Projekt erhofften wir uns daher, zusätzliches Know-how über den Bedarf an zukünftigen Kompetenzen im produzierenden Gewerbe zu gewinnen, um damit die Weiterbildungsbemühungen unserer Kunden in der Industrie wirksam zu unterstützen. Der interessanteste Aspekt von FIT4FoF war der partizipative Ansatz zur gemeinsamen Ermittlung von künftigen Qualifizierungsbedarfen und geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen unter Einbeziehung von Arbeitnehmern, Management und Bildungspartnern. Auch die praktische Umsetzung in sehr unterschiedlichen regionalen Pilotanwendungen war ein Ansatz, von dem wir viel für unsere eigenen Förderaktivitäten lernen konnten. Schließlich war uns auch der europäische Aspekt des Projekts wichtig, da wir am Steinbeis Europa Zentrum stets bestrebt sind, bewährte Praktiken über das lokale Ökosystem hinaus zu transferieren. Wir möchten europäischen Akteuren auf breiter Ebene die Möglichkeit geben, von den Ergebnissen unserer Projekte zu profitieren und diese zu verwerten.

Welche Rolle spielen im Projekt die aktuellen und zukünftigen Technologietrends?

Im Rahmen des Projekts identifizierten wir relevante Technologietrends für die Industrie der Zukunft, um den Projektpartnern, die Pilotaktivitäten durchführen, Informationen darüber zu liefern, wie sich die Fertigung in den kommenden Jahren verändern wird. Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass es für die Pilotpartner und ihre Pilotunternehmen eine Herausforderung ist, diese Informationen in ihre etablierten Aktivitäten einzubinden. Daher bestand das Hauptziel darin, das Bewusstsein für die sich verändernden zukünftigen Entwicklungen zu schärfen und die Partner zu ermutigen darüber nachzudenken, in welcher Weise sich dies auf sie und ihr Unternehmen auswirken wird. In diesem Projekt waren die wichtigsten Informationen also nicht die zukünftigen Technologietrends an sich, sondern vielmehr der Versuch, die Denkweise der Industriepartner zu ändern und das Zukunftsdenken in ihre täglichen Aktivitäten einzubeziehen.

Sie haben unter anderem mit Co-Design gearbeitet, bei dem alle Beteiligten kollaborativ eine Lösung entwickeln. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen?

Ich halte den in FIT4FoF entwickelten und pilotierten Co-Design-Ansatz für sehr relevant und nützlich, um die Identifizierung von Weiterbildungsbedürfnissen und -pfaden auf eine breitere Basis von Akteuren innerhalb einer Organisation zu stützen. Bisher war es üblich, dass das Management oder die Personalabteilung den Mitarbeitern lediglich Schulungen vorschlagen, ohne sie dabei in die Entscheidung einzubeziehen, zu was oder wie sie geschult werden sollen. Hier zeigt sich die tiefgreifende Innovation des FIT4FoF-Ansatzes sehr deutlich.

Communities of Practice oder kurz „CoP“ sind engagierte Gemeinschaften, die ähnliche Interessen haben und auf ein gemeinsames, vorab definiertes Ziel hinarbeiten. Welche Bedeutung hat dieser Ansatz in einem Projekt wie FIT4FoF und welchen Nutzen ziehen die Teilnehmenden daraus?

Der Communities of Practice-Ansatz ist eng mit dem Co-Design-Prozess verbunden, den wir in FIT4FoF anwenden. Beides sind hochgradig partizipative Elemente, die kollektive Intelligenz in das Projekt einbringen und damit zusätzliches Know-how generieren, das sonst nicht so leicht verfügbar ist. Daher waren die CoP ein wichtiger Eckpfeiler von FIT4FoF, sowohl während der Entwicklung und Umsetzung der Pilotprojekte als auch darüber hinaus. Gleichzeitig profitierten die CoP-Mitglieder auch von einem Zuwachs an persönlichem Wissen und ebenso von dem Netzwerk, das sich entwickelte.

Können Sie für uns die zentralen Ergebnisse des FIT4FoF-Projekts kurz zusammenfassen?

Neben dem Co-Design-Ansatz, der in FIT4FoF entwickelt und getestet wurde, ist die Erarbeitung des Future-of-Work-Szenarios eines der wichtigsten Projektergebnisse. Es stellt sehr knapp und präzise die wichtigsten Aspekte der Arbeit in einer „Future Factory“ dar und beinhaltet sowohl die für die Industrie 4.0 bedeutsamen technologischen Aspekte als auch die im neuen Industrie 5.0-Ansatz hervorgehobenen sozialen und gesellschaftlichen Aspekte, ohne die die europäische Wirtschaft langfristig nicht erfolgreich sein wird – und ohne die wir in den nächsten Jahren auch solche Ziele wie Nachhaltigkeit, Resilienz und strategische Autonomie in Europa kaum erreichen werden können. Zusätzlich haben wir zusammen mit den FIT4FoF-Pilotprojekten sogenannte „Personas“ erarbeitet, die beschreiben, welche Herausforderungen und Möglichkeiten sich für Mitarbeitende in Zukunft ergeben könnten und welche Kompetenzen sie benötigen, um diesen zu begegnen. Die im Projekt gewonnenen Ergebnisse eignen sich sehr gut, um auch nach Abschluss des Projekts die Auseinandersetzung mit zukünftigen Entwicklungen sowie Aus- und Weiterbildungsbedarfen im produzierenden Gewerbe anzustoßen und zu unterstützen. Denn nur wenn sich sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter aktiv mit ihren Zukunftsvorstellungen beschäftigen, werden sie diese auch aktiv gestalten können. Genau dazu wollen wir mit dem FIT4FoF-Projekt Denkanstöße geben und gute Beispiele zur Verfügung stellen.


Das Projekt FIT4FoF wurde von der EU unter dem Programm Horizont 2020, Grant Agreement No 820701 von Oktober 2018 bis Dezember 2021 gefördert. www.fit4fof.eu [3]