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Der Vertrieb von Beratungsleistungen geht online

Wie bespielt man einen Käufermarkt in Zeiten der Digitalisierung?

Die Digitalisierung hat die Art und Weise, wie Märkte funktionieren, massiv beeinflusst. An die Stelle eines Verkäufermarkts, bei dem der Bedarf eines Kunden geweckt wurde, rückt heute immer mehr ein Käufermarkt, in dem gezielt nach der Deckung eines konkreten Bedarfs Ausschau gehalten wird. Bevor Privatpersonen und Unternehmen Anschaffungen und Investitionen erwägen, können sie sich ausgiebig im Internet zeitlich und örtlich unbegrenzt über Anbieter von Produkten und Dienstleistungen informieren. Auch der Vertrieb von Beratungsleistungen und des Wissenstransfers muss sich dieser Realität stellen. Wie dies gelingen kann, weiß Steinbeis-Berater Holger Hagenlocher aus eigener Erfahrung. Er hat für die TRANSFER die wichtigsten Aspekte zusammengefasst.

Neben den bewährten Erfolgsfaktoren netzwerken, Pflege persönlicher Kontakte, Vortragsveranstaltungen, Experteninterviews und Weiterempfehlungen gewinnt die digitale Kommunikation immer mehr an Bedeutung, wenn es da­rum geht, neue Klienten zu finden, zu gewinnen und zu pflegen. Sie bewegt sich entlang der Customer Journey eines möglichen Klienten und an den Touchpoints zum Unternehmen entscheidet sich, wohin die Reise geht. Das gilt auch für den Vertrieb von Beratungs- und Transferleistungen.

Externe Beratung: Vorteile und Vorbehalte
Daher ist es wichtig, potenziellen Kunden von Anfang an deutlich zu machen, wie sie von der Unterstützung externer Berater profitieren können. Ein wichtiger Vorteil besteht darin, dass diese über spezielle, außerbetriebliche Kenntnisse und Erfahrungen verfügen. Dazu kommt, dass externe Berater unvoreingenommen in das Unternehmen gehen und nur für bestimmte Leistungen auf Zeit bezahlt werden.

Allerdings bedeuten externe Berater zusätzliche Kosten und gerade kleinere Unternehmen schrecken davor zurück. Daher ist es wichtig, dass sie sich der Tatsache bewusst sind, dass der Transfer von theoretischem Wissen in die konkrete praktische Umsetzung ein immanenter Bestandteil eines erfolgreichen Beratungsprozesses ist. Der Erwerb von Wissen ist teuer, sein Besitz entsprechend wertvoll. Vor diesem Hintergrund sind die Beraterhonorare nicht günstig; sinnvoll eingesetzt, können Unternehmen aber dauerhaft davon profitieren.

Ein weiteres Hindernis kann darin bestehen, dass ein externer Berater oft mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat, da von ihm einerseits praktische und schnelle Problemlösungen erwartet werden, ihm aber andererseits in Unternehmen aufgrund seiner strukturierten und teilweise schwer verständlichen Denkweise oft misstraut wird. Ob Elfenbeinturm oder Praxisferne, die Vorbehalte sind vielfältig.

Wer Beratungsleistungen und Wissenstransfer verkaufen will, sollte sich dieser Hürden bewusst sein. Im Optimalfall sollten diese schon vor dem ersten persönlichen Kontakt ausgeräumt sein. Transparenz zur Höhe der Honorare sowie Case Studies erfolgreich abgeschlossener Projekte schaffen Vertrauen und können sowohl den Vorbehalt immenser Kosten als auch den Vorwurf praxisferner Beratung entkräften.

Mit dem richtigen Content den richtigen Kunden finden
Um den richtigen Content produzieren und online anbieten zu können, sind einige Vorüberlegungen erforderlich. Es ist sinnvoll zu prüfen, ob das eigene Angebot und die eigene digitale Kommunikation diese Fragen ausreichend beantworten: Was sind die Kernkompetenzen des eigenen Beratungsangebots und womit kann ich gegebenenfalls eine Nische finden, die das eigene Angebot vom Wettbewerb differenziert? Hier kann ein Blick auf neue Trends hinsichtlich des Wordings ebenfalls hilfreich sein. Zudem kann auch ein Perspektivwechsel mögliche Bedarfe eines potenziellen Klienten aufzeigen. Denn nur wenn die Antworten, die online gegeben werden, dem Bedarf des Kunden entsprechen, fährt der Interessent mit seiner digitalen Reise fort.

Daher sollte sich die Content-Erstellung an den genannten Überlegungen orientieren. Denn Suchmaschinen ranken gerade die Inhalte hoch, die von besonderer Relevanz für eine Personengruppe sind. Die Optimierung mit Keywords verliert hingegen zunehmend an Bedeutung.

Aufbau von Kontaktdatenbanken: Der Kunde im Mittelpunkt
Über den entsprechenden Content ist auch das Sammeln von Kontaktdaten interessierter Personen möglich, selbstverständlich nur unter Berücksichtigung des Datenschutzes und der Einwilligung der Interessenten. Zum Download einer Case Study, eines Whitepapers oder einer Success Story müssen sich die Interessenten erst mit den Kontaktdaten registrieren und können der Zusendung weiterer Informationen oder eines Newsletters zustimmen. Doch auch bei weiteren Zusendungen sollte der Bedarf des Kunden immer im Mittelpunkt stehen. Es kann dabei hilfreich sein, bei der Erstellung des Textes oder der Grafik eine professionelle Hilfe zum Beispiel von Redakteuren, Grafikern oder Textern in Anspruch zu nehmen.

PESO-Modell gibt Struktur
Wichtig ist, dass der eigene Content nicht nur auf der eigenen Website, im eigenen Newsletter oder in den eigenen Social-Media-Kanälen angeboten wird. Wie Inhalte gestreut und potenziellen Inte­ressenten zugänglich gemacht werden können, strukturiert das sogenannte PESO-Modell, dessen Akronym für Paid, Earned, Shared und Owned steht:

Das PESO-Denkmodell strukturiert die digitale Kommunikation eines Beraters und zeigt unter Umständen noch Brachland auf, das es zu bestellen gilt.

Social Selling: Klinkenputzen 2.0
Die Anbahnung eines Kundenkontakts durch die Instrumente der digitalen Kommunikation und des Online-Marketings sind für Erstkontakte und das Wecken eines konkreten Interesses hervorragende Wege, um mit noch unbekannten potenziellen Kunden in Kontakt zu kommen. Im Bereich der Beratungsdienstleistungen sind sie aber nicht hinreichend für einen konkreten Geschäftsabschluss. Hier bedarf es zuletzt immer des persönlichen Kontaktes und eines überzeugenden Angebots.

Dieser persönliche Kontakt ist allerdings nicht zu verwechseln mit der in sozialen Netzwerken, wie LinkedIn oder Xing, gefeierten Methode des Social Sellings, die letztlich nur den Transfer der Kaltakquise ins Internet darstellt. Der Außendienst wird so, zumindest immer wieder temporär, in den virtuellen Raum verlagert. Das Netzwerken findet in den Online-Gruppen statt und die Kaltakquise in Nachrichten an mögliche Interessenten. Dennoch gibt es Vorteile zur realen analogen Welt: Die Recherche nach interessanten Kontakten und auch der direkte Kontakt zu den betroffenen Personen gestalten sich einfacher. Und zuletzt ist das Frustrationspotenzial einer gelöschten Nachricht kleiner als unzählige abweisende Telefongespräche.

Zusammenspiel Inbound – Outbound
Das Inbound-Modell der digitalen Kommunikation, bei der virtuelle Reize und Lockangebote gestreut werden, um potenzielle Interessenten anzuziehen, ist sicher eleganter und zeitgemäßer, erfordert allerdings viel Geduld sowie einen gewissen Vorlauf zur Produktion der Unterlagen und zur Optimierung der Online-Angebote. Diese Vorlaufzeit kann unter Umständen zu finanziellen Engpässen führen und sollte deshalb pa­rallel zum laufenden Betrieb aufgebaut und vorangetrieben werden.

Das Outbound-Modell des Social Sellings führt hingegen vermutlich schneller zu persönlichen Gesprächen. Es birgt jedoch die Gefahr, dass Angebot und Bedarf auseinanderklaffen und so unnötig Zeit und Energie verspielt werden. Zudem entspricht diese aktive, offensive Vertriebstätigkeit nicht immer der Mentalität einer Beraterpersönlichkeit.

Wie so oft ist der zielführende Weg das Nutzen der Vorteile vieler einzelner Maßnahmen: Beim Vertrieb von Beratungsleistungen sind dies das Zusammenspiel bewährter Offline-Methoden, wie Vortragsveranstaltungen und persönliches Netzwerken, mit den neuen digitalen Ansätzen.