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Klimaschutz versus Wirtschaftlichkeit

Steinbeis-Team erstellt Gutachten zur Energieeffizienz von Wirtschaftsimmobilien

Klimaschutz ist für die gesamte Gesellschaft eine enorme Herausforderung und eine der drängendsten Aufgaben auf der politischen Agenda. Die Immobilienwirtschaft ist hier besonders gefordert. Im Gebäudebestand und beim Neubau soll die Ökobilanz durch politische Auflagen wie den Klimaschutzplan 2050 und die Novellierung des Energieeinsparrechts verbessert werden. Aus diesem Grund hat der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) das Steinbeis-Transferzentrum für Energie-, Gebäude- und Solartechnik in Stuttgart mit einem Wirtschaftlichkeitsgutachten beauftragt.

Das Gutachten stellt die Energieeffizienz von Wirtschaftsimmobilien in den Fokus und analysiert die Auswirkungen einer möglichen Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV), des Erneuerbare-Energien- Wärmegesetzes (EEWärmeG) und der aktuellen klimaschutzpolitischen Rahmenbedingungen.

Mit dem Inkrafttreten der EnEV 2016 gelten verschärfte Anforderungen an die energetische Qualität von Gebäuden. Für die Nutzungstypologien Bürogebäude, Hotel und Shopping Mall wurden am Beispiel von repräsentativen Typgebäuden die baulichen Anforderungen an die Gebäudehülle für verschiedene Varianten der Energieversorgung explizit berechnet und bewertet. Die zusätzlichen Anforderungen nach dem EEWärmeG sind dabei berücksichtigt und bilden die Grundlage bei der Bewertung des Primärenergiebedarfs und der CO2-Emissionen.

Prof. Dr.-Ing. Manfred Norbert Fisch, Leiter des Steinbeis-Transferzentrums Energie-, Gebäude- und Solartechnik, und sein Team ziehen in ihrem Gutachten das Fazit, dass zur Erreichung der klimapolitischen Ziele eine alleinige weitere Verschärfung der EnEV im Kontext mit dem EEWärmeG für Wirtschaftsimmobilien nicht zielführend ist. Dies wird noch deutlicher, wenn man über die EnEV-Bilanzierung hinaus den nutzerspezifischen Strombedarf im Kontext einer ganzheitlichen Betrachtung mit einbezieht.

Die von der Bundesregierung im Rahmen der Energiewende angestrebten Ziele, sind aus Sicht der Steinbeis-Experten viel mehr durch Betriebsoptimierungen, Effizienzsteigerungen und den Ausbau erneuerbarer Energien in den öffentlichen Wärme- und Stromnetzen erreichbar.

Die vom Steinbeis-Team durchgeführte Studie kommt zu mehreren zentralen Erkenntnissen. Sie vertritt die Auffassung, dass die Bewertungsgröße Primärenergie und der spezifische Wärmetransmissionsverlust  (HT‘) in der Praxis kaum verstanden werden. Daneben ist die Referenzgebäudemethodik (EnEV 2016) zur energetischen Bewertung eines Gebäudeentwurfs für Wirtschaftsimmobilien nicht praktikabel.

  • Bei einer weiteren Verschärfung der EnEV 2016 ist aus Sicht des Steinbeis-Teams die Wärmeversorgung nicht mehr mit allen Energieträgern möglich oder stellt unverhältnismäßig hohe Anforderungen an die thermische Qualität der Gebäudehülle. Technologieoffenheit und Wirtschaftlichkeit sind damit nicht gegeben.
  • Weitere verschärfte Anforderungen an die thermische Qualität der Gebäudehülle sind hierbei nicht zielführend.
  • Der Einsatz von Photovoltaik ist zum Erreichen der vorgegebenen Ziele von EnEV und EEWärmeG von hoher wirtschaftlicher Relevanz und schont fossile Ressourcen.
  • Mittelfristige CO2-Ziele im Gebäudebereich erfordern einen höheren „Grünen Strom- und Gasanteil“, insbesondere bei Einbeziehung des nutzerspezifischen Strombedarfs.

Neben diesen zentralen Ergebnissen gibt das Steinbeis-Team in seinem Gutachten einen Ausblick und eine Reihe von Empfehlungen. Darunter fällt die Vereinfachung und Weiterentwicklung von bestehenden Gesetzen und Verordnungen wie auch die Einführung eines CO2-Labels für Gebäude. Die Gebäudeperformance sollte im Betrieb überprüft, die Förderungen auf tatsächlich erzielte CO2-Einsparungen ausgerichtet werden.

Kontakt

Prof. Dr.-Ing. Manfred Norbert Fisch, Tobias Nusser
Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Gebäude- und Solartechnik (Stuttgart)