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„Raumfahrt verbindet“

Im Gespräch mit Steinbeis-Unternehmer und Raumfahrtexperte Professor Dr.-Ing. Felix Huber

Raumfahrt ist ein globales Themengebiet und gerade deswegen auf Netzwerke angewiesen. Wie Kooperationen in Netzwerken
ablaufen, wie sie sich im Laufe der Jahre verändert haben und welchen Mehrwert sie bieten, darüber hat die TRANSFER mit Professor Dr.-Ing. Felix Huber, Unternehmer am Steinbeis-Transferzentrum Raumfahrt, gesprochen.

Herr Professor Huber, in Ihrem Stein­beis-Unternehmen beschäftigen Sie sich mit der Nutzbarmachung von Erkenntnissen aus der Raumfahrt für kleine und mittelständische Unternehmen. Sie bearbeiten auch Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zu dieser Thematik. Wie wichtig sind Wissensnetzwerke im Bereich der Raumfahrt für Ihr Alltagsgeschäft?

Da die „direkte“ Raumfahrt ein relativ kleiner Wirtschaftszweig ist und besondere Anforderungen mit interdisziplinären Aufgabenstellungen hat, sind Wissensnetzwerke in diesem Bereich essenziell. Die Raumfahrt arbeitet immer an der Grenze des technisch Machbaren, da Energie und Nutzlastmasse im Weltall extrem begrenzt sind. Daher spielt es bei Auftragsvergaben von vornherein eine wichtige Rolle, wer die beste Technologie hat oder entwickeln kann. Hier kommen dann häufig Kooperationen zustande, auch, weil bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA das Prinzip des sogenannten Geo-­Returns gilt: Jedes Land, das ESA-­Mitglied ist, erhält Aufträge im Verhältnis zum gezahlten Mitgliedsbeitrag zurück. Das kann hilfreich sein, stellt aber manchmal auch ein Hindernis dar – etwa, wenn ein Land aufgrund dieses Prinzips eine Aufgabe übernehmen muss, aber in der nationalen Industrie keine Expertise dafür vorhanden ist.

Es gibt viele Technologien, die ihren Ursprung in der Raumfahrt haben – LED, Sonnenbrillen, Akkuschrauber. Wie würden Sie den Begriff „Innovationsnetzwerke“ im Spannungsfeld Raumfahrtforschung – Wirtschaft einordnen?

Früher war die Raumfahrt das Innovationsnetzwerk schlechthin, aus dem einfachen Grund, dass es die benötigte Technik noch nicht gab und sie erst entwickelt werden musste. Das heißt, es gab einen großen Spin-off aus der Raumfahrt in andere Anwendungen. Mittlerweile sind viele Technologien in der Raumfahrt etabliert und man ist vorsichtig – um nicht zu sagen konservativ – geworden: Neue Technologien stellen ein technisches und finanzielles Risiko dar, das speziell große Konzerne mit zahlenden Kunden nicht eingehen wollen. Das liegt auch an der sekundären und tertiären Wirtschaftskette, beispielsweise bei Fernsehsatelliten: Der Hersteller verkauft seine Hardware einmal, der Betreiber bietet damit eine langjährige Dienstleistung an, aber der größte Teil der Wertschöpfung kommt über den Verkauf der Fernseher und Set-Top-Boxen. Und diese Kette will man nicht gefährden. Daher ist es heutzutage so, dass es eher einen Spin-on in die Raumfahrt gibt: Start-ups bringen kommerzielle Off-the-shelf-Hardware ins All und zeigen, dass es damit auch geht. Die Zuverlässigkeit folgt dann in einem zweiten Schritt.

Sie sind hauptberuflich Direktor für Raumflugbetrieb und Astronautentraining am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR): Welche Ausprägung hat der Netzwerkgedanke bei Ihrer dortigen Tätigkeit?

Im Satellitenbetrieb sind Netzwerke aus technischen, wissenschaftlichen und finanziellen Gründen unabdingbar. Es liegt in der Natur von Satelliten, dass sie weltweit operieren – als Einzelkämpfer kommt man dabei nicht weit, man muss sich mit anderen Experten vernetzen. So entsteht die Möglichkeit, gemeinsam die teuren Bodenstationen anzubieten und sein Wissen auszutauschen, zum Beispiel über Bordtechnologien. Die Aussage „Raumfahrt verbindet“ hat schon ihre Berechtigung.

Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen dem Steinbeis-Verbund und dem DLR aus?

Bei Kooperationen gibt es drei Möglichkeiten: Zum einen ist die Deutsche Raumfahrtagentur, die früher Raumfahrtmanagement hieß und ein Teil des DLR ist, ein wichtiger Partner, wenn es um Förderprojekte geht. Steinbeis berät bei Förderungen und ermöglicht den Wissens- und Technologietransfer, sodass an Universitäten entwickelte Technologien zu Produkten, wie beispielsweise Flughardware, werden können. Des Weiteren gibt es direkte Kooperationen zwischen dem Steinbeis-Transferzentrum Raumfahrt und Instituten des DLR, zum Beispiel auf dem Gebiet der Navigation oder Kommunikation. Und die dritte Möglichkeit ist, dass der DLR-Raumflugbetrieb mit Steinbeis-Unternehmen zusammenarbeitet. Die Raumfahrt braucht auch im Bodensegment immer den neuesten Stand der Technik und gemeinsam kann eine kostengünstige und effiziente Lösung entwickelt werden.