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Nachhaltige Lieferketten als Erfolgs­voraussetzung

Die Zukunft sozial, ökonomisch und ökologisch denken

Die Entwicklungen auf EU- und Bundesebene zu Nachhaltigkeitsfragen verunsichern Unternehmen: Was kommt auf uns zu? Werden wir noch wirtschaftlich arbeiten können? Wie hoch wird der CO2-Preis in Zukunft ansteigen? Nicht nur neue Technologien gelten als Hauptantrieb und Garant für ein sauberes Wirtschaftswachstum und eine nachhaltige Entwicklung in der Zukunft, auch die Beschaffung von Rohstoffen gewinnt an Bedeutung. Steinbeis-Unternehmerin und Rohstoff-Expertin Dr.-Ing. Alexandra Pehlken gibt einen Einblick in den europäischen Green Deal und wie sich dieser auf Rohstofflieferketten auswirkt.

„Lieferketten in Unternehmen sind besonders dann effizient, sicher und resilient, wenn sie den Nachhaltigkeitskriterien (sozial, ökonomisch, ökologisch) entsprechen und unnötige CO2-Emissionen vermeiden“, weiß Alexandra Pehlken vom Steinbeis-Transferzentrum Ressource. Dafür kurzfristig mehr Geld zu investieren, zahlt sich in Form von langfristigen Erfolgen aus. Geht man davon aus, dass der CO2-Preis in Zukunft eher steigen als fallen wird, ist es für Unternehmen unmöglich die Emissionen zu ignorieren – gerade bei primären Rohstoffen aus dem Bergbau, die bereits bei der Gewinnung und Aufbereitung energieintensiv sind und daher einen großen Emissionsrucksack mit sich herumschleppen, bevor sie überhaupt in einem Produkt verarbeitet werden. Hier sollte als Maßnahme das Recycling mit eingeplant werden, da die Aufbereitung von sekundären, also recycelten Rohstoffen weniger Energie verbraucht. Ein oft zitiertes Beispiel ist in diesem Zusammenhang das Sekundäraluminium, das nur 5 % der Energie im Vergleich zum Primäraluminium benötigt. [1] Die jüngste Studie des Bundesverbands der Deutschen Industrie e.V. (BDI) gemeinsam mit Deloitte beziffert zudem die Einsparungen der Treibhausgasemissionen durch zirkuläres Wirtschaften auf bis zu 5,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. [2]

Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen und EU Green Deal

Die Beispiele des Lieferkettengesetzes [3] und der SCIP-Datenbank (substances of concern in articles as such or in complex objects (products)) [4] zeigen, dass die Kenntnis und Rückverfolgbarkeit von Rohstoffen Themen sein werden, die in Zukunft auf viele Unternehmen zukommen werden. Während sich das Lieferkettengesetz jedoch erst einmal auf Sorgfaltspflichten bei Verletzungen vor allem von Menschenrechten fokussiert, werden in der SCIP-Datenbank durchaus quantitative Nachweise der verwendeten Rohstoffe verlangt. Seit dem 5. Januar 2021 müssen Unternehmen, die Erzeugnisse auf den EU-Markt liefern, die besonders besorgniserregende Stoffe in einer Konzentration von mehr als 0,1 Gewichtsprozent enthalten, diese Informationen zur Verfügung stellen. Damit sind sie auch für Recyclingunternehmen einsehbar und sollen für mehr Transparenz beim Recycling der Produkte sorgen. Ob dies wirklich gelingt, wird sich mit der Zeit zeigen.

Die Entwicklungen in der EU zeigen sehr deutlich, dass sich die Produktion anpassen muss. Zur Verwirklichung der Klima- und Umweltziele im Rahmen des EU Green Deal ist eine neue Industriepolitik auf der Grundlage der Kreislaufwirtschaft erforderlich. Die Bedeutung des Recyclings wird immer wichtiger, da mittlerweile die Wertschöpfung der Rohstoffe im Vordergrund steht und nicht mehr die Abfallbeseitigung. Bereits heute gelten viele der in Produkten enthaltenen Rohstoffe aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und ihres Versorgungsrisikos laut Kritikalitätsbewertungen der EU als „kritische Rohstoffe“. Und einige werden wegen schwerwiegender Verletzungen der Menschenrechte oder des humanitären Völkerrechts im Zusammenhang mit ihrer Gewinnung und ihrem Handel sogar als „Konfliktrohstoffe“ eingestuft. Die Europäische Kommission hat bereits einen Aktionsplan zu kritischen Rohstoffen aufgelegt und das öffentliche Informationsportal RMIS (Raw Material Information System) [5] bereitgestellt. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Rückführung der Rohstoffe in die Produktion. „Unternehmen haben deutliche Vorteile durch den Einsatz von sekundären Rohstoffen, da sie selten als politischer Spielball eingesetzt werden. Denn: Was wir im Überfluss haben, das sind Abfälle“, erklärt Alexandra Pehlken. Sinnvolle Kooperationen zwischen Herstellern und Recyclern – begonnen beim Produktdesign – führen zu einer besseren Qualität der Sekundärrohstoffe, einer Reduzierung der ausgestoßenen Emissionen, kürzeren Wegen und letztlich zu einer höheren Effizienz in der gesamten Prozesskette. Dabei geht es nicht nur um nachhaltige Gesichtspunkte, sondern auch um das Image und die Mitarbeiterbindung.

Das Team des Steinbeis-Transferzentrums Ressource berät und begleitet Unternehmen bei der Entwicklung einer nachhaltigen Strategie, bei der kurz- oder langfristigen Ermittlung von internen Materialströmen und beim Erkennen von Einsparpotenzialen bei CO2-­Emissionen. Darüber hinaus erstellt es Risikoanalysen zu bestehenden Lieferketten und deren Rohstoffe.


Im Fokus: Nachhaltige Lieferkettenund Rohstoffproduktion

Kontakt

Dr.-Ing. Alexandra Pehlken (Autorin)
Steinbeis-Unternehmerin
Steinbeis-Transferzentrum Ressource (Bad Zwischenahn)
www.steinbeis-ressource.de


Quellen
[1] https://www.deutsche-rohstoffagentur.de/DE/Gemeinsames/Produkte/Downloads/Informationen_Nachhaltigkeit/aluminium.pdf?__blob=publicationFile&v=2
[2] https://bdi.eu/artikel/news/schluesselrolle-fuer-klimaneutrales-und-wettbewerbsfaehiges-industrieland
[3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/lieferkettengesetz-1872010
[4] https://echa.europa.eu/de/scip
[5] https://rmis.jrc.ec.europa.eu
215405-30