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Building back better: Wirtschaftsförderung nach der Krise

Steinbeis-Experten führen Studie zu den wahrgenommenen Stärken und Schwächen kommunaler Wirtschaftsförderung durch

Die Corona-Pandemie und die staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung führten in eine dramatische wirtschaftliche Krise – je nach Messweise sogar zum stärksten Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Wirtschaftsförderungen, die ein zentrales Instrument kommunaler Wirtschafts- und Strukturpolitik sind, sehen sich durch diese Krise vor ganz besondere Herausforderungen gestellt. Wie die Öffentlichkeit die kommunalen Wirtschaftsförderungen in und nach der Krise wahrnimmt und wie sie deren Aufgaben bewertet, hat das Steinbeis-Transferzentrum für Europäische Politik- und Sentimentanalyse in einer Studie untersucht. Im April hat das Steinbeis-Team in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey über 5.000 Menschen in Deutschland zu ihrer Wahrnehmung der Rolle der kommunalen Wirtschaftsförderung in Deutschland befragt.

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In der Online-Befragung wurden die typischerweise im Internet auftretenden Selektionsverzerrungen durch komplexe Gewichtungs- und Quotierungsverfahren ausgeglichen (poststratifizierte Quotenstichprobe), sodass die Ergebnisse mit einem Stichprobenfehler von unter 3 % als repräsentativ für die Wahlbevölkerung in Deutschland angesehen werden können. Die Ergebnisse förderten mitunter Überraschendes zu Tage.

Studie zeigt große regionale Unterschiede

Zunächst wird deutlich, dass regional sehr unterschiedlich bewertet wird, wie betroffen die Wirtschaft von der Corona-Pandemie ist. Deutschlandweit sieht knapp die Hälfte der Befragten die kommunale Wirtschaft sehr stark oder eher stark betroffen. Im Osten Deutschlands und im Ruhrgebiet, aber auch in eher strukturschwachen Gebieten Bayerns und in Grenzlagen liegen diese Werte besonders hoch, wohingegen in den ländlichen Gebieten Baden-Württembergs oder auch Niedersachsens die Betroffenheit der Wirtschaft als weniger stark eingeschätzt wird. Dabei unterscheiden die Befragten durchaus zwischen langfristigen, strukturellen Veränderungen und den kurzfristigen Folgen der Pandemie. Fragt man nämlich, wie sich die regionale Wirtschaft im Vergleich zu den umliegenden Regionen in den vergangenen drei Jahren entwickelt hat, sticht insbesondere das westliche Umland Berlins hervor, in welchem eine Mehrheit der Befragten den Eindruck hat, die Region habe sich wirtschaftlich vergleichsweise gut entwickelt. Schlechter als im Umland hat sich dagegen die Wirtschaft nach Einschätzung der Befragten insbesondere in Teilen des Ruhrgebiets, in den Ferienregionen im Norden Mecklenburg-Vorpommerns, im Pfälzer Wald und im südlichen Sachsen-Anhalt entwickelt.

Ein Großteil der Befragten glaubt, dass die staatliche Wirtschaftsförderung einen wichtigen Beitrag zur Unterstützung der kommunalen Wirtschaft leistet. Rund 43 % stimmen dieser Aussage zu, lediglich 19 % sehen dies nicht so. Regional fallen hier sehr große Unterschiede auf. Während in einigen Regionen rund 60 % der Befragten eine wichtige Rolle der Wirtschaftsförderung bei der Unterstützung der kommunalen Wirtschaft sehen (etwa Emden oder Friesland), liegt dieser Wert etwa in Wolfsburg oder Würzburg bei unter 30 %.

Wenig Wissen über Wirtschaftsförderung

Wird nun nach den konkreten Instrumenten gefragt, mit denen die kommunalen Wirtschaftsförderungen ihre Aufgaben erfüllen, dominiert dagegen Unkenntnis. Eine große Mehrheit der Befragten verfügt nach eigener Aussage kaum über Wissen zu Aufgaben und konkreten Tätigkeiten der Wirtschaftsförderer. Knapp zwei Drittel der Befragten antworten auf die Frage: „In welchen Bereichen ist die Wirtschaftsförderung besonders aktiv?“ mit „weiß nicht“ – überraschend ist hier allenfalls die ebenfalls große Varianz zwischen den unterschiedlichen Landkreisen (zwischen unter 40% und über 80%). Gefragt wurde nun, in welchen von acht vorgegebenen Tätigkeitsbereichen die kommunale Wirtschaftsförderung als besonders aktiv eingeschätzt wird und wo am ehesten Verbesserungsbedarfe identifiziert werden. Dabei zeigte sich, dass die Wirtschaftsförderungen aus Sicht der Befragten in den Bereichen Gewerbeflächenmanagement, Tourismusförderung und Standortmarketing besonders gut abschnitten. Besonderes Verbesserungspotenzial dagegen sehen die Befragten insbesondere beim Ausbau von Versorgungsnetzen, bei der Förderung von Existenzgründungen und Start-ups und dem Angebot von Aus- und Weiterbildungen. Auch bei diesem Fragekomplex zeigen sich nach Landkreisen deutliche Diskrepanzen: Während zum Beispiel knapp 40 % der Befragten die Tourismusförderung der kommunalen Wirtschaftsförderung im Kreis Garmisch-Partenkirchen positiv bewerten, wird der Ausbau von Versorgungsnetzen etwa in Lüchow-Dannenberg als besonders verbesserungsfähig bewertet.

Nach der bisherigen Pandemiedauer zeigt sich, dass die Befragten die Hauptaufgabe der Wirtschaftsförderung in der Förderung bestehender Unternehmen vor Ort und weniger bei der Ansiedelung neuer Unternehmen sehen. Eine Hausaufgabe für die kommunalen Wirtschaftsförderungen wird also die Unterstützung der von der Pandemie besonders betroffenen Unternehmen in den identifizierten Themenbereichen sein. Das Steinbeis-Transferzentrum Europäische Politik- und Sentimentanalyse begleitet kommunale Wirtschaftsförderungen durch maßgeschneiderte Standortfaktorenanalysen, branchenspezifische Analysen und wissenschaftlich fundierte Beratungsleistungen, damit die erfolgreiche Neuausrichtung nach der Pandemie schnell gelingt.

Kontakt

Prof. Dr. Oliver Serfling (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum für Europäische Politik- und Sentimentanalyse (Frankfurt)

Prof. Dr. Jakob Lempp (Autor)
Steinbeis-Unternehmer
Steinbeis-Transferzentrum für Europäische Politik- und Sentimentanalyse (Frankfurt)

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