Steinbeis Perspective Program: Eine Win-Win-Situation für Teilnehmer und Unternehmen

Das Programm der Steinbeis-Hochschule unterstützt die Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt

Marwan Shaaban, 26 Jahre alt, ist im Sommer 2015 aus seiner Heimat Syrien nach Deutschland geflohen. Heute, zwei Jahre später, ist der Bauingenieur mit seiner gefragten Qualifikation für die LBBW Immobilien Kommunalentwicklung GmbH (LBBW KE) tätig, eine Tochter der Landesbank Baden-Württemberg. Die Zusammenarbeit kam über ein Programm der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) der Steinbeis-Hochschule Berlin zustande, an der Marwan Shaaban ein berufsintegriertes Management-Studium absolviert. Im Gespräch mit der TRANSFER erzählen der junge Ingenieur sowie Martin Riedißer, Geschäftsführer der LBBW KE, und Heiko Richter, Senior-Projektleiter und Vorgesetzter von Marwan Shaaban, von ihren positiven Erfahrungen in der Zusammenarbeit.

Herr Riedißer, wie kam es in Ihrem Haus zu der Entscheidung, einen Geflüchteten einzustellen, welche Kriterien haben dabei eine Rolle gespielt?

Riedißer: Wir haben von dem interessanten Programm der SIBE erfahren und wollten einem Geflüchteten eine Chance geben. Bei einer Bewerberbörse in Herrenberg haben wir uns fünf Kandidaten angeschaut, und Herr Shaaban war auch vorher schon unser Favorit. Eine Rolle hat auch gespielt, dass die Personalakquisition für uns immer schwieriger wird, vor allem auch im technischen Bereich. Herr Shaaban ist ja studierter Bauingenieur, und wir tun uns schwer, Bauingenieure für uns zu begeistern, denn unsere Nische ist Bauingenieuren eher unbekannt und die Baubranche zahlt einfach höhere Gehälter! Für uns ist es daher gut, einen jungen Mitarbeiter einzustellen, der in das Kommunalberatungsgeschäft reinwächst. Das ist also eine Win-Win-Situation für beide Seiten.

Einer der wesentlichen Punkte, die es im Vorfeld zu klären gab, war die Verständigung. Wir stecken in der kommunalen Stadtentwicklung relativ tief in der Muttersprache und auch in der Kultur drin. Daher war es wichtig zu klären, wie jemand unabhängig von seinem Herkunftsland in die Prozesse eingebunden werden kann. Wir wollen mit unseren positiven Erfahrungen heute das Signal senden: Das kann im Prinzip in jedem Unternehmen funktionieren!

Herr Shaaban, seit einem halben Jahr sind Sie nun bei der LBBW KE an Bord, was ist Ihr aktuelles Projekt?

Shaaban: Mein Projekt ist es, Erfolgsfaktoren bei Großprojekten wie zum Beispiel der Bahnstadt Heidelberg oder bei Projekten in Bad Kreuznach und Freiburg zu untersuchen. Ich analysiere, welche Erfolgsparameter es bei einem großen Bauprojekt gibt. Daneben kümmere ich mich auch um das Tagesgeschäft, recherchiere Planungen, überprüfe Rechnungen und vieles andere. In jedem Projekt brauchen wir gute Parameter, um richtige Entscheidungen treffen zu können. Das ist wichtig für den Projekterfolg. Ich bin sehr froh darüber, bei etwas so Großem mitarbeiten zu können – davon habe ich schon als Kind geträumt.

Richter: Wir haben Herrn Shaaban unter anderem in das Großprojekt Bahnstadt Heidelberg eingebunden: In Heidelberg entsteht gerade auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs ein kompletter weiterer Stadtteil. Auf 120 Hektar wächst hier alles, was ein Stadtteil braucht. Wohnungen, Arbeitsplätze, Kino oder auch Einkaufszentren. Die städtebauliche Planung wird erarbeitet, wir führen die Erschließungsmaßnahmen durch und verhandeln mit den Investoren. In diesem Bereich ist auch die Master- Thesis von Herrn Shaaban im Rahmen seines Studiums an der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE) der Steinbeis- Hochschule angesiedelt. Daneben soll Herr Shaaban aber auch unser Brot-und-Butter-Geschäft kennenlernen, also auch einmal ein kleineres Projekt mit Baulandentwicklung im Schwarzwald auf zwei Hektar umsetzen.

Riedißer: Der Projekterfolg bemisst sich für uns beispielsweise daran, ob das Bauprojekt von den Menschen auch angenommen wird, ob die Leute etwa in der Bahnstadt Heidelberg gerne wohnen. Für uns ist es aber natürlich auch wichtig, dass so ein Großprojekt auch für uns ein Erfolg war, sprich, dass wir mit einem Gewinn daran arbeiten können. Und das ist ein Aspekt, den Herr Shaaban auch durchaus beleuchten wird. Er entwickelt in seinem Studienprojekt eine Systematik für Erfolgsfaktoren für Großprojekte.

Richter: Wir sind sehr gespannt auf das, was Sie da ausarbeiten, Herr Shaaban!

Herr Shaaban, was hat Sie zur Entscheidung für das Programm der SIBE bewegt?

Shaaban: Vom ersten Tag in Deutschland an wollte ich arbeiten und habe mich nach Möglichkeiten informiert. Das SIBE-Programm – Arbeiten und Studieren in einem englischsprachigen Masterprogramm – hat alle meine Fragen beantwortet und Anforderungen erfüllt.

Richter: Wir forcieren das Modell ganz bewusst, um Leute für uns zu begeistern. Wir sind der Überzeugung, dass wir interessante Tätigkeiten für die Studierenden haben. Und das ist es, was die Studierenden wiederum wollen – etwas Sinnvolles arbeiten!

Sie hatten die Herausforderung Sprache bereits erwähnt, wie klappt die Verständigung im Arbeitsalltag?

Richter: Es war eine bewusste Entscheidung, dass wir Deutsch miteinander sprechen. Die Deutschkenntnisse von Herrn Shaaban werden immer besser, sicher auch durch den Deutschkurs, der von der SIBE organisiert wird. Ich würde ihm noch nicht zumuten ein komplettes Protokoll zu schreiben, sondern gebe ihm Aufgaben, die zu ihm passen. Herr Shaaban arbeitet überwiegend im technischen Bereich und arbeitet viel mit Excel, hier ist die Sprache eine geringere Barriere.

Was können Sie mit Ihren heutigen Erfahrungen anderen Unternehmen mitgeben?

Riedißer: Ganz klar: Versucht es! Ich behaupte, es gibt in jedem Unternehmen eine Nische, in der Sie jemanden einsetzen können, der in der deutschen Sprache noch nicht so weit ist. Man sollte dieses sprachliche und kulturelle Thema nicht so hoch hängen. Das geht immer. Kulturelle Unterschiede sind überhaupt kein Thema, wenn jemand so integrationswillig ist, wie Herr Shaaban. Aber selbst wenn es ein Thema wäre, könnten wir auch damit umgehen. Manche sind zu sehr Bedenkenträger, anstatt die Chancen zu sehen. Und ich sehe eben auch die Chance für den Arbeitgeber, an Absolventen einer Fachrichtung zu kommen, die man sonst nicht so leicht finden würde. Das betrifft nicht nur Bauingenieure. Sie haben dadurch die Möglichkeit freie Positionen zu besetzen und Menschen an den Job heranzuführen. Und ein Studium im Bereich Management hilft immer weiter!

Richter: Sie hatten zu Beginn unseres Gespräches gesagt, wir wären ein perfektes Beispiel für das Modell, und das können wir so bestätigen. Wir sind voller Optimismus. Die Mitarbeit von Herrn Shaaban ist ein echter Mehrwert, ein großer Gewinn für uns!

Kontakt

Weitere Informationen zum Perspective Program finden Sie unter http://www.steinbeis-sibe.de/unternehmen/unsere-angebote/perspective-program/

Sandra Flint
Steinbeis School of International Business and Entrepreneurship an der Steinbeis-Hochschule Berlin (Herrenberg)